Lutherische Kirchenmission

Bleckmarer Mission

Nelson Mandela – ein Kommentar von Christoph Weber

Alle Medien sind heute voll von Kommentaren zum Tod von Nelson Mandela. Ich kann mich so spontan nicht an einen Artikel über Nelson Mandela zu seinen Lebzeiten im Missionsblatt erinnern. Das hat sicher unterschiedliche Gründe, aber es stimmt auch, dass „Madiba“ in den letzten Jahren ein Held für viele geworden ist. Er gilt als positives Gegenbeispiel für den jetztigen Präsidenten von Südafrika.

Aber Mandela war nicht immer der Held, auch gerade nicht in unsern „weißen“ Kreisen. Noch 1994, als ich als Theologiestudent mein Gemeindepraktikum in Südafrika absolvierte, wurde mein Mentor (Praktikantspastor) zu einer Bibelstunde eingeladen, um über die ganz konkrete Frage zu reden: „Dürfen wir Mandela umbringen, wenn er zum Präsidenten gewählt wird?” Für viele Leser in Deutschland, wird das wie eine Frage aus einer anderen Welt erscheinen. In Südafrika waren dagegen viele mit einem Schreckgespenst und Feindbild des Kommunismus groß geworden. Nelson Mandela war für viele ein Kommunist und daher Feind Gottes und Terrorist.

Der Pastor in der Bibelstunde damals sprach über Römer 13 und wie jede Regierung von Gott sei. Und (das wundert vielleicht wiederum einige Leser in Deutschland), das war selbstverständlich eine verbindliche Ansage! Man akzeptierte sie – wenn auch mit dem Kommentar „schade!“.

Am Abend der Wahl Mandelas zum Staatspräsidenten am 27 April 1994 bin ich wieder nach Deutschland geflogen, um mein Studium fortzusetzten. Als ich 1999 wieder nach Südafrika züruckkehrte, hatte sich natürlich viel geändert. Es gibt viele Berichte und Bilder von wegweisenden Handlungen und Zeichen, die Mandela in den Jahren setzte – für viele weiße Südafrikaner war das Rugby Trikot mit der Nummer 6 von Francois Pienaar, das Mandela bei der Rugby-Weltmeisterschaft 1995 anzog ein besonderes Highlight. Es gibt darüber den Spielfilm „Invictus“. Ich war damals in Göttingen und habe das Spiel gegen die Neuseeländern gesehen und miterlebt. Es war schon etwas Besonderes!

Als Beispiel wie sich die Wahrnehmung von Mandela nach 1994 geändert hat, erinnere ich mich an den Kommentar eines Schulkinds damals, das relativ aufgeregt zu Hause erzählte, wie unglaublich ungerecht es gewesen sei, dass Mandela so lange im Gefängnis habe sitzen müssen. Die Eltern jedoch sahen das anders. Sie waren noch dran gewohnt, Mandela als „Terroristen“ zu sehen. Unsere Kinder lernen heute in der Schule viele Mandela-Zitate und er hat den Respekt und die Achtung von fast allen Südafrikanern gewonnen und verdient, weil er nicht nur auf Versöhnung geachtet hat, sondern weil er auch drauf bedacht war, alle mit zunehmen auf den gemeinsamen Weg. Für manche in Mandelas Partei, dem ANC, ist das auch der größte Fehler Mandelas: Er habe nicht radikal genug die Forderungen nach Veränderungen durchgesetzt, meinen sie. Vielleicht haben auch viele Weiße die Kompromisse Mandelas falsch verstanden, wenn sie meinten, dass nach dem Ende der Apartheid im Grunde alles so weiterlaufen könnte wie vorher. Er hat uns Südafrikanern zugemutet, jeweils in der Situation, in der wir standen, uns für das Gemeinwohl einzusetzten. Die Freiheit, auf die er selbst so lange verzichten musste und die wir heute haben, sie stellt uns vor eine enorme Verantwortung, nämlich, dass wir uns für andere einsetzen müssen.

Mandela war eine herausragende Persönlichkeit, ein Politiker und Staatsman mit Format. In der Hinsicht wird er wohl auch eine Aussnahme bleiben. Ich bin dankbar für seine politische Führung und sein Vorbild, das eindeutig vielen Südafrikanern auch in schweren Zeiten eine Perspektive und Mut gegeben hat. Ja, ich bin dankbar, daß Gott im Sinne von Römer 13 ihn dem südafrikanischem Volk anvertraut hat. Dass solche politischen Fähigkeiten keine Selbstverständlichkeit sind, sieht man an vielen Politikern heute, leider auch bei uns in Südafrika.

Was aber nehmen wir mit als Auftrag an uns Christen für die Zukunft Südafrikas? Was bleibt unser Auftrag als Missionswerk? Paulus schreibt an Timotheus „So ermahne ich nun, daß man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott unserm Heiland, welcher will, daß allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung, daß dies zu seiner Zeit gepredigt werde.” 1 Timotheus 2,1-6

Nkosi sikele Afrika! (Gott segne Afrika!)

Christoph Weber

Missionar Christoph Weber (Durban) ist Repräsentant der Lutherischen Kirchenmission in Südafrika

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