Lehrer und Missionar in vier Sprachen
Am 24. Oktober verstarb Wilbert Kreiss, langjähriger Leiter und Professor des theologischen Studienzentrums der Evangelisch-Lutherischen Kirche – Synode von Frankreich und leitender Geistlicher seiner Kirche.
Er wurde am 5. November in Woerth christlich bestattet.
Wilbert Kreiss sprach neben dem Elsässischen und Französischen fließend Deutsch und Englisch. Er verfolgte stets aufmerksam die Vorgänge in der Nachbarschaft seines Heimatlandes und in der deutschen Schwesterkirche, wie Bischof Hans-Jörg Voigt (SELK) in seiner Würdigung in Woerth hervorhob. Im Studienzentrum bei Paris bildete er in den 80er Jahren mit Mayala Mwana Mputu und Dongo Lussambu zwei Theologen aus der Demokratischen Republik Kongo (damals Zaire) aus, letzterer ist heute Direktor des lutherischen theologischen Studienzentrums in Togo. 15 Mal reiste Wilbert Kreiss in die beiden Kongo-Staaten, um Gemeindemitarbeitern und Pfarrern der jungen lutherischen Kirchen in Blockseminaren eine theologische Grundausbildung zu vermitteln.
Im Zuge der Unruhen im damaligen Zaire wurde er 1991 zusammen mit Missionarsehepaar Daniel und Christiane Schmidt von der Lutherischen Kirchenmission evakuiert, nachdem er wenige Tage vorher einen schweren Verkehrsunfall unversehrt überstanden hatte. Insgesamt unternahm er drei Dutzend Afrikareisen, getrieben von dem Anliegen, die jungen Kirchen nach allen Möglichkeiten im lutherischen Bekenntnis zu stärken. Er war in Tansania zur Vorstellung der Übersetzung des Konkordienbuches in Swahili, als er in der Nacht friedlich im Schlaf heimgerufen wurde. James May, Repräsentant der Lutheran Heritage Foundation, die den Druck des Konkordienbuches in Suahili ermöglicht hat, berichtete, Wilbert Kreiss habe am Tag zuvor in einer Konferenz eindrücklich die Bedeutung der Verpflichtung der kirchlichen Amtsträger auf das Konkordienbuch unterstrichen. Dass er selbst in diesem Bekenntnis friedlich entschlafen sei und getrost dem Gericht Gottes entgegengehen konnte, sei wie eine letzte, eindrückliche Predigt für alle gewesen, die mit ihm unterwegs waren.
Trotz allen Bemühens gelang es Rev. Lussambu nicht, rechtzeitig zur Beerdigung nach Europa zu kommen. Viele aber, denen Wilbert Kreiss auf dem afrikanischen Kontinent zum geistlichen Vater geworden war, nahmen Abschied von ihm im Gebet. „Au revoir, Baba“ war auf einem großformatigen Bild zu lesen, das in der Kirche auf dem schlichten Sarg stand. Es zeigte zwei kraftvoll zum Gebet gefaltete Hände, eine schwarz und eine weiß. Und es gibt mindestens einen jungen Mann im Kongo-Brazzaville, dessen drei Vornamen sein Leben lang das Gedächtnis dieses Lehrers und Missionars bewahren werden: „Docteur Wilbert Kreiss“.