“Die Brücke” Leipzig: Andrang zum Taufunterricht
Aus dem Tagebuch der Arbeit unter den Flüchtlingen in Leipzig: 22. November und 1. Dezember 2015,
von Missionar Hugo Gevers.
22. November, Sonntag
Nach unserem Taufgottesdienst heute (Foto) gab es ein Essen auf südafrikanisch. Das bedeutet, dass ganz viele, ganz große Teller her mussten. Dabei geht es nicht um das, was in die Teller hineinkommt, sondern um das Drumherum. Nämlich um die Gemeinschaft. Das musste ich heute betonen, weil das Essen heute deutlich zu wenig war. Soo viele Gäste und soo viele neue Gäste aus den Hallen hatten wir wirklich nicht erwartet. Deshalb war mir von vorn herein klar, dass der sehr sehr große Reistopf, der bis zum Rande gefüllt war, trotzdem nie und nimmer reichen würde, die über 50 Gäste zu sättigen. Da musste einfach etwas anderes in die Teller. Zur Taufpredigt hatte ich Römer 14,7 gewählt: „Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem heiligen Geist.“
„Wie passend!“ habe ich gedacht, als ich die strahlenden Gesichter vor den leeren Tellern sah. Sie haben bei weitem nicht genug zu Essen bekommen. Trotzdem hat keiner gemeckert. Die Meisten haben ihre Familien verloren und heute eine neue dazubekommen; Sie haben ihre Pässe verloren und sind staatenlos… dennoch haben sie heute Bürgerrecht im Himmel bekommen. Ein kleiner Vorgeschmack von dem, was sein wird, wenn Jesus wiederkommt und wir zu Hause ankommen! Da kann einem das Herz aufgehen! Die 5 Personen, die heute getauft wurden, sind schon lange vor der Flüchtlingswelle im Unterricht gewesen. Es sind momentan mehr als 30 andere, die noch im Unterricht sind. Ich muss die Zahl aber jede Woche korrigieren. Die meisten Menschen kommen aus der Messehalle Nord. Dort treffe ich sie mindestens einmal in der Woche. Einen weiteren Termin haben wir mittwochs zur Bibelstunde und zur Sozialstunde. Und am Donnerstag gibt es natürlich auch den Deutschkurs. Wie mir scheint, werden wir den Topf in Leipzig noch eine Weile länger, eine Weile mehr und ein paar Nummern größer am Kochen halten müssen. Wer hilft beim Kochen und beim Umarmen dieser neuen Familien?
1. Dezember, Dienstag
Vorgestern hatten wir zum Gottesdienst in der Lukaskirche kaum Platz frei. Der Grund waren zum einen die Renovierungsarbeiten, die bereits begonnen hatten. Dadurch war ein Drittel der Kirchenbänke gesperrt. Der zweite Grund ist, dass nun so viele neue Flüchtlinge in unseren Gottesdienst kommen, dass kaum ein Sitzplatz frei ist. Wenn nun die große Lukaskirche voll wird, ist es natürlich völlig klar, dass unsere „Brücke“ mit den kleinen Räumen aus allen Nähten platzt. Wir könnten nur noch „schichtweise“ in die Brücke gehen. Deshalb haben wir unsere Unterrichtsstunde für morgen komplett in die Lukaskirche verlegt. Wie gut, dass wir in die Lukaskirche umgezogen sind! Für die Flüchtlinge, die zu uns kommen, ist der Weg weit. Außerdem verpassen sie ihre Mahlzeiten, wenn sie zu uns kommen. Deshalb gibt es jetzt einen Kochplan und Spenden aus dem Kreis der Migranten, um für Essen zu sorgen. Kochen, essen, erzählen, amtliche Briefe schreiben…und und und… Es ist ein buntes Treiben in der Kirche, wie in der Brücke, wie in der Flüchtlingshalle. Das alles wäre überhaupt nicht möglich ohne die fleißige neue Hilfe, die wir dazubekommen haben. Unsere bisher rein ehrenamtliche Mitarbeiterin, Magdalena Küttner, hat sich bereit erklärt, noch mehr Stunden gegen einen kleinen Arbeitslohn freizuschaufeln. Sie ist Grafikdesignerin von Beruf, hilft in der Brücke aber bei allem, was anfällt.
Und noch eine gute Nachricht gibt es: Die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ hat sich bei uns gemeldet. Wir werden sicherlich etwa 200 Geschenke für Kinder in den Flüchtlingshallen bekommen. Dazu bekommen die Kinder auch ein kleines Evangelium in die Hand gedrückt!